Die elektronische Krankenakte (ELGA) – Segen oder Fluch für Patienten?

Seit Ende 2015 ist eines der wohl meist diskutiertesten Gesundheitsprojekte der letzten Jahrzehnte in Österreich Realität: Die elektronische Krankenakte (ELGA) wurde in Spitälern der Steiermark und Wien begonnen und seitdem schrittweise auf viele öffentlichen Spitäler ausgeweitet (die jeweils aktuelle Liste der teilnehmenden Institutionen unter   ELGA Teilnehmer). Derzeit enthalten sind ausschliesslich schriftliche Befunde (z.B. Entlassungsbriefe, Laborbefunde, etc.), eine Ausweitung auf Bildgebung und erweiterte Gesundheitsunterlagen ist geplant.

Doch wo liegen die Vor- und Nachteile für den Patienten aus Sicht eines Anwenders in einem öffentlichen Spital?

Hauptvorteil vor allem für unmündige und nicht auskunftsfähige Patienten (z.B. bei Demenz und im Notfall) ist sicherlich die Möglichkeit für Ärzte grundlegende Informationen ohne Mitwirkung des Patienten zur Verfügung zu stellen (z.B. Dauermedikamente, vorbekannte Diagnosen). Theoretischer Vorteil wäre zudem die Vermeidung von teilweise belastenden Mehrfachuntersuchungen (wie z.B. Blutabnahmen, Röntgenuntersuchungen). Dies setzt jedoch eine gute Übersicht innerhalb des Systems und standardisierte, vergleichbare Untersuchungen voraus – beides ist derzeit nicht gegeben.

Hauptnachteil für Patienten ist aus meiner Sicht ein nicht vollständig gelöstes Datensicherheitsproblem. Sozialversicherungsträger und Privatversicherungen haben naturgemäß ein großes Interesse an sensiblen Patientendaten (beispielsweise wird bei Vorliegen gewisser Vorerkrankungen der Abschluss einer privaten Krankenzusatzversicherung abgelehnt). Diese Organisationen haben keinen direkten Zugriff auf das ELGA System. Ein Zugriff darauf über Umwege ist aber zumindest theoretisch nicht zu 100% ausgeschlossen (manche Sozialversicherungsträger betreiben beispielsweise selbst Akutspitäler, Privatversicherungen beschäftigen angestellte Ärzte als freiberuflicher Gutachter).

Für Patienten wichtig zu wissen ist, daß neben einem generellen Ausstieg aus der ELGA Datenverwaltung auch einzelne Krankenhausaufenthalte gelöscht werden können. Sie müssen bei folgenden 4 Anlässen auch dezidiert vom behandelnden Arzt darauf hingewiesen werden:

– Diagnose und Aufnahme aufgrund einer psychiatrischen Erkrankung

– Schwangerschaftsabbruch

– Diagnose einer HIV Infektion

– Diagnose einer genetischen Erkrankung

Zusammenfassend sehe ich aus meiner Sicht für Patienten sicherlich Vorteile im Bestehen der ELGA. Direkte Auswirkungen der datenschutzrechtlichen Komponente sind jedoch für jeden einzelnen Patienten zu beachten.